> Schlagberichte > "TaubenMarkt - Die Sporttaube" - Januar 2002

Aktuell aus dem 8. Bezirk
Klaus Stieneker: Faible für Tauben aus der "03-Linie"

J. Höinghaus unterwegs im Münsterland

Wenn es die Wettbewerbskategorie eines "Aufsteigers" tatsächlich auch im Brieftaubensport gibt, dann hat diesen Titel - spätestens nach der Saison 2001 - der 46 jährige Klaus Stieneker, Mitglied der Reisevereinigung Greven, verdient. Denn was, eine Tauben seit Mitte der 90-er Jahre kontinuierlich an Leistung erbringen, verlangt höchsten Respekt und viel sportliche Anerkennung. Allein im zurückliegenden Jahr errangen die Stieneker-Tauben in der RV Greven vier 1. Konkurse; derer acht (!) waren es in der RV Lengerich, wo die neunjährige Tochter Franziska ihre sportliche Heimat hat. Gerade diese Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, dass die Qualität der Ausgangstauben in Verbindung mit züchterischem Geschick durch nichts zu ersetzen ist.

>Schon in früher Kindheit kam Klaus Stieneker über seinen Vater mit dem Hobby Brieftaubensport in Berührung. Allerdings geriet der Sport nach dessen Tod im Jahre 1982 eher in den Hintergrund; erst mit dem Kauf eines Gartenschlages (1989) und dem Aufbau eines Futtermittelhandels (1991) wurde das Hobby wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Leider blieben die sportlichen Erfolge (zunächst) aus. Was tun? Guter Rat schien teuer.
Klaus Stieneker bestieg die Erfolgsleiter zu einem Zeitpunkt, als er eigentlich damit gar nicht rechnen konnte. Im Herbst 1995 zog es ihn zum weit über die Grenzen hinaus bekannten (und erfolgsverwöhnten) Züchter Werner Grundel, Greven, den er 1988 kennen- und im Laufe der Zeit schätzen lernte. Manche Tipps und Tricks des "alten Hasen" hatte er erhalten und gern angenommen, aber zum vollständigen Glück fehlten eben doch die "richtigen Tauben". Folglich machte er sich auf den Weg zu seinem "Lehrmeister" und erwarb dort die letzte Runde Eier vom Zuchtschlag. Unterm Strich die Geburtsstunde des heutigen Erfolgsschlages. Denn von diesen 16 Eiern sitzen noch heute 15 (!) Original-Tauben auf dem Zuchtschlag und sorgen für exzellente Nachzucht. Treffender Beweis für den "Granaten-Griff ' (Original-Zitat), des Klaus Stieneker damals tat. Bereits 1996 und 1997 klappte es mit der Nachzucht außergewöhnlich gut, doch ein verheerender Endflug beendete (vorerst) die Ära der aufstrebenden jungen Garde. Der ehrgeizig Lengericher Züchter, der inzwischen auch intensive Kontakte zum deutschen Top-Spieler Günter Prange, Meppen, unterhielt, machte sich auf die Suche nach den "Passern" für die Grundel-Tauben, die in ihrer Abstammung im wesentlichen auf den legendären "Marcel" (B 84/6569140 - 18 x 1. Konkurs -, Marcel Antonissen) zurückgehen. Noch im selben Jahr besuchte er den belgischen Meisterschlag Dirk van Dyck (vgl. TaubenMarkt F. 9/2001, S. 12 ff.). Dort erwarb er die Täubin B 97/ 6136677 (aus: Bruder "Kanibaal" x Tochter "De Oude 03", Gummar Leysen, Pulderbos). Spätestens damit war sein Faible für Tauben aus der Linie des inzwischen weltbekannten "03" geboren. In der Folgezeit galt sein sportliches Streben der intensiven Suche nach Tieren aus dieser Verbindung. Zeigte doch der Blick in die Abstammungskarten der hervorragend eingeschlagenen Grundel-Tauben, dass diese Leysen-Linie auch dort von Beginn an im Bestand verankert war.
Kommen wir zurück zu den Leistungen, die sich aus der Einführung der "neuen" Tauben in Verbindung mit den Ratschlägen eines Günter Prange ergaben. Bereits 1998 wurde es für den Lengericher Züchter eine außergewöhnliche Saison, die ihm im Rahmen verschiedener Berichterstattungen den Titel "Senkrechtstarter" einbrachte.
Die hier und dort geäußerten Befürchtungen, dass die noch jungen und weitgehend unerfahrenen Tauben 1999 einbrechen würden, erwiesen sich als falsch. Vordere Platzierungen auf allen Ebenen (insgesamt 4 x 1. Konkurs sowie bis dato nie zuvor erzielte Jungtierergebnisse), rückten die Resultate es Vorjahres in das richtige Licht. Mit Klaus Stieneker war ab sofort zu rechnen - ob in der RV, im Kreisverband 36 oder im rd. 3.300 Mitglieder starken 8. Bezirk!
Was zusätzlich für den engagierten Züchter erfreulich war: Brieftaubensport war in seinem Hause ein akzeptierter und nicht mehr wegzudenkender Familiensport geworden. Neben seiner Ehefrau Mareike, die sich im wesentlichen um die Versorgung und Motivation der Witwer kümmert, wurde auch Tochter Franziska vom "Bazillus Brieftauben" befallen. Seit 1999 spielt sie unter eigenem Namen in der RV Lengerich - und dies mit ebenso großem Erfolg wie ihr Vater.
In der Saison 2000 "rappelte" es erneut im Karton. Der Senior und seine Tochter setzten ihren Marsch an die Spitze fort. Vor allem die aufsehenerregenden Jungtaubenergebnisse deuteten an, dass die Qualität der Spitzentauben noch einmal verbreitert werden konnte. Klaus Stieneker reagierte unverzüglich, indem er weitere (Nachwuchs)-Tauben bewiesener Zuchtlinien von Margot & Werner Grundel sowie von Gummar Leysen hinzuholte. Dennoch: Wer erwartet, dass parallel zu den Spitzenergebnissen die Bestandsgröße vervielfacht wurde, sieht sich getäuscht.
Rund 30 Reisetauben (Vögel wie Weibchen) gehen in der RV Greven an den Start; Tochter Franziska spielte mit derselben Zahl in der RV Lengerich. Hinzu kommen rd. 60 Jungtiere, die für den eigenen Bedarf gezüchtet werden und am kompletten Reiseprogramm im Herbst teilnehmen müssen.
Rund 40 Paare sitzen derzeit in den geräumigen Volieren, wobei es ausgesuchte Tiere allerfeinster Linien und Abstammungen sind. Neben den erwähnten Tauben von Margot & Werner Grundel ("Marcel), Gummar Leysen ("De 03"), Dirk van Dyck ("Kanibaal") sowie Louis Van Bergen ("De 03") stellen weitere erstklassige Einzeltiere u.a. von Horst & Frank Sander ("Bunter Sander"), Pros Rossen ("Computer II") ihre Vererberqualitäten unter Beweis.
Kommt die Sprache auf den relativ großen Volierenbestand, zuckt Klaus Stieneker mit den Schultern. "Vielleicht sind es einige zuviel, aber welcher Sportfreund hat nicht ähnliche Probleme", lautet seine Antwort. Hinzu komme, dass er bei jedem Tier in der Voliere um die entsprechende Vorgeschichte und Abstammung wisse, so dass eine Reduzierung (momentan) gar nicht in Betracht komme. Vielleicht ist genau dieses Vorgehen eines der Geheimnisse, denn gezüchtet wird ausschließlich aus den Tauben in der Voliere. Selbstverständlich fällt nicht auf Anhieb aus jedem Paar in jedem Jahr ein As. Gleichwohl ist die züchterische Ausgangsbasis extrem breit angelegt und läuft letztlich auf die (bereits in der Reise) bewiesenen Erfolgsverbindungen zu.

Nur am Rande sei erwähnt, dass Klaus Stieneker mit dem Erwerb einer Runde Jungtiere vom Zuchtschlag bei Louis Van Bergen sowie dessen bester Jungtaube 2001 einen weiteren Schritt in Richtung "Ergänzung" seiner ohnehin besonderen Zuchtbasis getan hat (Auch bei Louis Van Bergen ist zu einem Großteil die "03-Linie" für die Erfolge verantwortlich).
Kein Erfolg wäre ohne das hinlänglich bekannte und oft zitierte "Quentchen Glück" denkbar. 1998 erhielt Klaus Stieneker eine kleine Rotscheck-Täubin (B 98/ 6098108, Tochter "Oude Vos", Orig. Gummar Leyen) von Rainer Püttmann geschenkt; eher unscheinbar, aber offenkundig allerbester Abstammung. In der Verbindung mit einem Sohn "Marcel" von Margot & Werner Grundel fallen die beiden Vögel 01654-99-1110 ("Max" - 2001: Asvogel der RV Greven) und 01654-99-1111 ("Moritz" - 2001: 2.-bester RV-Vogel), die eindrucksvoll ihre Reisequalitäten bestätigten.
Allein sechs der zehn 2001 Meisterschaftstauben von Franziska & Klaus Stieneker kommen aus der Linie des "Marcel". Gerade diese Zuchtlinie wird in Lengerich intensiv gepflegt, denn diese Qualitäten müssen nicht mehr hinterfragt, sondern können als "feste Größe" gesetzt werden.
Apropos Geheimnisse: Die hat Klaus Stieneker nun wirklich nicht. In der geräumigen und übersichtlichen Gartenschlaganlage könnten spielend weit mehr Tauben untergebracht, eine größere Zahl an Jungtauben gezüchtet und der Brieftaubensport auf ein (zumindest zahlenmäßig) weitaus größeres Fundament gestellt werden. Doch genau dies würde zu Lasten der (so erfolgreich praktizierten) Vertrautheit zwischen Züchter und Taube gehen.

Es passt ins Bild, dass bei meinem Besuch Tochter Franziska mit ihren beiden Freundinnen Lisa-Marie und Aletta ohne jede Scheu und Zurückhaltung durch die Schläge streifte, Grit erneuerte, Tränken auffüllte, Stroh zusammenfegte und eben all die Dinge tat, die mancher Züchter eher als persönliche "Herrschaftsaufgabe" ansieht.
Nicht so in Lengerich. Ein natürlicher Umgang ersetzt ein straffes (und vielfach artfremdes) Regiment. Die Tauben gehören zur Familie und entsprechend groß ist das gegenseitige Vertrauen. Die Tiere sind den Kontakt gewohnt und lassen alles ohne Scheu über sich ergehen.
Nicht zuletzt darin dürften auch die überragenden Ergebnisse im Herbst 2001 ihren Ursprung haben. Klaus Stieneker dominierte die RV Greven beinahe nach Belieben und errang auf den beiden letzten Jungtierflügen ab Namur (256 km) jeweils den 1. - 7. Konkurs und 1. - 3. Konkurs. Diese Leistung und 3.150,65 AsPunkte reichten zum 6. Verbandsmeister (Jungtauben) auf Verbandsebene.
Klaus Stieneker hat das große Glück, dass er mit seiner Familie im Rücken erfolgreich ein Hobby betreiben kann. Zudem hat er Tauben gefunden, die nicht nur untereinander, sondern - auch und gerade - zu ihm passen. Selbstverständlich hat sich der 46-jährige weitere Ziele gesteckt, wenngleich er Realist genug ist zu wissen, dass Erfolg keinesfalls programmierbar ist.
Aus der inzwischen freundschaftlichen Verbindung mit Günter Prange erwachsen immer wieder Anregungen und Vorschläge hinsichtlich der Steigerung von Motivation und der Verbesserung von Rahmenbedingungen. Sich nicht mit dem Erreichten zufrieden geben, sondern rast- und ruhelos die nächste Herausforderung annehmen, lautet die Devise.
Dies impliziert auch das Wissen, dass irgendwann einmal die "Grundel"-Tauben in die Jahre kommen, so dass rechtzeitig über "frisches Blut" nachgedacht werden muss. Erstmalig sollen im Vorfeld zur neuen Saison einige Reisevögel die Möglichkeit haben, für Nachwuchs zu sorgen. Schließlich sitzen Spitzenflieger allererster Güte in den Reiseschlägen und wie anders könnte ein eigener Stamm aufgebaut werden, als mit den Tauben weiterzuzüchten, die regelmäßig ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben, 1. Konkurse zu erringen.
Mit entsprechenden Weibchen verpaart geht es letztlich darum, frühzeitig mögliche Zucht- und Vererberqualitäten zu erkennen. Dass auch dieses Unterfangen mit der Professionalität angegangen wird, die die bisherigen Erfolge ermöglichte, garantiert der Name Klaus Stieneker.

von J. Höinghausaus
"TaubenMarkt - Die Sporttaube" - Januar 2002

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