> Schlagberichte > "De Duif " - Nr. 10 - 2003

Franziska Stieneker, Lengerich
Gouden-Duif-Sieger Deutschland

Lengerich - Südwestlich vom Autobahnkreuz Lotte - hier kreuzen sich im nördlichen Bereich Deutschlands die von Hengelo nach Bad Oeynhausen führende E 30 und die sehr stark befahrene E 37, die von Bremen in Richtung Münster/Dortmund führt - liegt die kleine etwas über 23.000 Einwohner zählende Stadt Lengerich. Ein paar Kilometer in südlicher Richtung vom Stadtrand entfernt wohnen am Häherweg 7 mehr oder weniger ländlich die Stienekers. Eine taubensportbegeisterte Familie wie man sie nur selten erlebt. Bei ihnen gibt es Taubensport auf höchstem nationalem Niveau. Der Name Stieneker ist durch Spitzenplatzierungen, Bestleistungen, Schlagberichte, Interviews und durch ein hochaktuelles Video in aller Munde. Franziska Stieneker, die 10-jährige Tochter, ist die ganz große Siegerin.
Doch gehen wir einmal der Reihe nach vor, um das wunderbare Taubenspiel der Stienekers zu analysieren. Beginnen wir mit dem Herrn des Hauses, Klaus Stieneker. Er ist der Macher, der Taubenzüchter und der Mann, der der Presse Rede und Antwort steht. 48 Jahre ist er alt, von Beruf Versicherungskaufmannn und so nebenbei auch noch Händler mit Taubenfutter und Taubensportartikeln. Von kleinauf ist er ein begeisterter Taubenzüchter. Viele Jahre war er ein Mitläufer. Er spielte zwar seine Tauben, aber ohne rechten Erfolg. Man sah ihn gerne als Preislieferanten. Doch seit einigen Jahren hat sich das geändert. Darüber etwas später mehr. Klaus Stienekers Ehefrau Mareike, sie ist von Beruf Krankenschwester, bringt nicht nur sehr viel Verständnis für den Brieftaubensport auf, sondern beteiligt sich auch ganz aktiv an der Versorgung der Tauben.

Franziska Stieneker

Ja, und dann ist da noch die kleine Franziska. Ganze 10 Jahre ist sie alt - am 9. März 2003 wird sie 11 - und sie ist eine begeisterte Taubenliebhaberin. Bewusst schreibe ich hier Taubenliebhaberin, denn mit dieser Bezeichnung verknüpft sich ein großes Maß an Liebe zu den geflügelten Athlethen. Gibt es so etwas noch in der mittlerweile nüchternen Welt des Taubensports? Haben wir noch die Zeit, unseren Tauben die Tierliebe entgegen zu bringen, die ihnen zusteht? Gerade die Liebe zwischen Taube und Mensch schafft ein besonderes Band, das unsere Tiere beflügelt schnell nach Hause zu kommen. Oft ist gerade dieses Band stärker als die Sehnsucht des Witwers nach seinem Weibchen oder die Sehnsucht des Weibchens nach ihrem Männchen. Die Tauben fliegen auf den Züchter und sind dadurch hoch motiviert. In unserer heutigen schnelllebigen Zeit müssen wir uns die Frage stellen, ob so etwas überhaupt noch möglich ist. Glauben Sie es mir, es ist möglich. Franziska Stieneker ist mit ihren Tauben dafür der beste Beweis. Man muss sie einmal in ihren Taubenschlägen zwischen den Tauben erlebt haben. Sie verhätschelt ihre Tauben und spielt mit ihnen. Zwischen ihr und ihren Tauben hat sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt, wie es besser nicht sein kann. Franziska spielt damit wunderbare Rolle im Taubensport der Familie Stieneker. Ihr Einfluss macht einen großen Teil der Erfolge aus. Wie bereits erwähnt, ist sie erst 10 Jahre alt und damit noch etwas davon entfernt eine richtige Taubenzüchterin zu sein. Der Macher, der Taubenzüchter ist nach wie vor Vater Klaus Stieneker. Wie lange er noch diese Rolle spielt, bleibt abzuwarten. Wenn er nicht aufpasst, laufen ihm seine Frauen den Rang ab.

Klaus Stieneker

Klaus Stieneker hat über viele Jahre alleine von seinem Schlag gespielt. Seit einigen Jahren spielt er unter dem Namen Klaus Stieneker mit einer hinteren Lage in der Reisevereinigung Greven und unter dem Namen Franziska Stieneker mit einer vorderen Lage in der Reisevereinigung Lengerich. Die Mannschaften wurden praktisch aufgeteilt. In Deutschland ist so etwas möglich. Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber kann jeder denken wie er will. Tatsache ist, dass Franziska in ihrer Reisevereinigung 1. RV-Meister und 4. Deutscher Meister wird, während Vater Klaus in seiner Reisevereinigung nur den 7. Platz belegt, aber dafür Platz 2 in der Deutschen Meisterschaft mit den Jungtauben belegt. Das sind Ergebnisse, die eindeutig die Stärke des Lengericher Schlages aufzeigen. Ich hatte schon geschrieben, dass Klaus Stieneker der Taubenzüchter ist, der hinter alledem steht und der die Fäden zieht. Ich will an dieser Stelle auch einmal kurz den Werdegang von Klaus skizzieren.

Über viele Jahre hatte Klaus Stieneker mehr schlecht als recht mit seinen Tauben gespielt. Im Jahr 1988 hatte er die RV Lengerich verlassen und wechselte zur RV Greven. Hier hatte er im ersten Reisejahr eine Leistung von 8,9 %. Damals war er ein gern gesehener Gast in Greven. Doch das sollte sich, nachdem er bis etwa 1995 nur durchschnittlich mit seinen Tauben spielte, ändern. Die Wende kam mit der Einführung neuer Tauben. Im Juli 1995 bekam Klaus Stieneker von Werner Grundel aus Greven eine komplette Runde Eier von dessen Zuchtschlag. Insgesamt waren es damals 21 Eier aus denen dann 18 Jungtiere schlüpften. Von diesen Jungtieren gingen 2 am Haus verloren, die anderen 16 wurden in die Voliere gesetzt. Von diesen 16 Tauben leben heute noch, also nach acht Jahren noch dreizehn Tauben. Es sind fast alles Supertauben geworden. Neun dieser Tauben sitzen heute noch bei Klaus auf dem Zuchtschlag. Gezüchtet wurde aus den neuen Tauben ab 1996. Bereits ein Jahr später zeigten sie ihr Talent und erregten großes Aufsehen in der RV. Leider hat Klaus Stieneker damals einen großen Teil seiner sehr jungen Garde auf dem Endflug verspielt. Sie hatten gut gepunktet und sollten auf dem letzten Flug ihr Meisterstück ablegen. Klaus hatte jedoch nicht erkannt, dass die jungen Tauben den Höhepunkt ihrer Form bereits überschritten hatten. Von siebzehn gesetzten Tauben kehrten damals neun nicht zurück. Das war ein herber Rückschlag. Klaus wollte nach diesem Flug ganz mit dem Taubensport aufhören. Dass er es nicht gemacht hat kann sich jeder vorstellen. Er hat weiter gezüchtet. Von der Zucht her bleibt sein Jahrgang 1999 unübertroffen. In der Mannschaft des Jahres 2003 sind noch 11 Tauben des Jahrgangs 1999, von denen mindestens zehn bereits in einer Saison zweistellige Preiszahlen geflogen haben. Zuchtmäßig war also 1999 das Zuchtjahr. Allerdings kann sich auch das Jahr 2000 von der Zucht und den damit verbundenen Erfolgen sehen lassen.
Die Zuchtbasis bilden also die Tauben von Werner Grundel aus Greven. Hinzu kamen Abstammungen von Gummar Leysen, Louis Van Bergen, Dirk & Louis Van Dyck und last but not least von der sehr erfolgreichen Schlaggemeinschaft Sander aus Münster. Alles zusammen macht den Stieneker-Stamm aus. Es sind Tauben, die ein schier unglaubliches Leistungspotenzial haben. Zahm sind sie, leicht zu führen und damit auch sehr anpassungsfähig. Man muss die Stienekers einmal bei ihrer "Dressurarbeit" erleben. Den geringsten Kontakt zu den Tauben hat der Boss Klaus. Er stellt sich immer als übergewichtig und bequem dar und überlässt die Arbeit mit den Tauben seinen beiden Frauen, das heisst eigentlich sind es mittlerweile drei, denn mit Lisa Rosenbusch hat Franziska eine Partnerin gefunden.

Mit diesen Flügen wurde Franziska Stieneker
Gouden Duif-Gewinnerin von Deutschland:

11.5.02 Waremme ( km) 2.242 Tb.: 1., 4., 5.
20.7.02 Bouillon ( km) 1.074 Tb.: 1., 2., 8.
27.7.02 Bourges ( km) 7.937 Tb.: 2., 3.

Wenn man hört und liest, dass von einem Schlag in zwei verschiedenen Reisevereinigungen gespielt wird, fragt man sich natürlich wie es dazu gekommen ist. Eigentlich ist das ganz einfach. 1999 begann wie bereits erwähnt die Erfolgsserie des Klaus Stieneker in der RV Greven. Klaus hatte eine hintere Lage und so hieß es sehr schnell, dass bei seiner Lage doch alles möglich ist. War es das wirklich? Steckte hinter den Erfolgen nicht noch viel mehr? Um dem Gerede und den dummen Sprüchen ein Ende zu machen, meldete er kurzerhand seine Tochter in der RV Lengerich an. Die Reisemannschaft wurde geteilt un fortan in zwei Reisevereinigungen gespielt. Ich denke, dass bei den derzeitigen Leistungen sowohl in der einen RV als auch in der anderen RV die Kritiker verstummt sind. Am Stüheweg läuft vieles einfach perfekt ab. Die Versorgung muss erstklassig sein, denn sonst gäbe es nicht so viele alte erfolgreiche Tauben. Eine natürliche Taubenhaltung ohne viel Chemie ist ganz bestimmt ein wesentlicher Punkt in der Brieftaubenhaltung der Stienekers.
Woher das alles kommt wollen Sie wissen? Klaus Stieneker hat sehr gute Ratgeber gefunden. Da ist einmal Werner Grundel aus Greven, von dem nicht nur hervorragende Zuchttauben kamen, sondern auch sehr viel Informationen. Völlig uneigennützig hat der weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannte Grundel dem taubensportbegeisterten Klaus Stieneker geholfen. Darüber hinaus wandte sich Klaus an Günter Prange und damit an der richtigen Adresse. Der Meppener Sportfreund stellte sein Wissen zur Verfügung und es läuft seitdem wie es besser nicht laufen kann. Woche für Woche tauschen diese Sportfreunde ihr Wissen, ihre Erfahrungen und ihre Gedanken aus, so dass sich Klaus auf seinen nächsten Flug problemlos einstellen, bzw. seine Tauben vorbereiten kann.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch etwas zu Schlägen sagen. Es gibt absolut keine Besonderheiten, Es sind einfache Schläge, gut belüftet und trocken. Sauberkeitsfanatiker ist Klaus Stieneker nicht. In den Schlägen liegt viele Monate lang Erbsenstroh. Richtig sauber gemacht wird vielleicht so einmal im Jahr. Wie die Tauben bei dieser Versorgung aussehen? Hervorragend. Sie waren in allerbester Verfassung, topfit, mit einem seidenweichen Gefieder, so dass man sich unwillkürlich fragt wie viel Sauberkeit haben Tauben überhaupt nötig. Ist die kuschelige Ecke im Stroh, der Kontakt zum Züchter nicht viel wichtiger als jede übertriebene Sauberkeit auf dem Schlag. Am Ende meines Berichts können wir uns damit da Frage stellen, was motiviert mehr, der sterile, ewig saubere Taubenschlag oder das besondere Band zwischen Züchter und Tauben. Egal welche Antwort wir dazu geben, fest steht die Qualität der Tauben muss hervorragend sein, denn ohne die Qualität der Tauben sind Erfolge im Taubensport nicht möglich. bei den Stieneker in Lengerich ist diese Qualität reichlich vorhanden. Die Stienekers sind sind würdige Gouden-Duif-Sieger 2002.

von Dirk Zoland, Minden aus
"De Duif" - Nr. 10 / 2002

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